Vier Gesetzentwuerfe zur Bekaempfung der Deflation, Verhinderung der Inflation und Senkung des Zinses nebst Begruendung.

 

 

 

 

 

 

 

 

I. Entwurf eines Gesetzes ueber wertbestaendige Rechnung und Entlastung der Reichsbank.

 

II. Entwurf eines Gesetzes ueber Reichskassenscheine.

 

III. Entwurf eines Gesetzes ueber Erleichterung der Steuerzahlung durch Schuldtitel und Schuldbuchforderungen.

 

IV. Entwurf eines Gesetzes ueber Verrechnungsbanken.

 

V. Begruendung.


I. Entwurf eines Gesetzes ueber wertbestaendige Rechnung und Entlastung der Reichsbank

 

I. Kapitel

 

§ 1

 

Im gesamten Zahlungs- und Kreditverkehr ist ohne Ruecksicht auf die Bewertung der Zahlungsmittel in wertbestaendigen Einheiten zu rechnen.

 

§ 2

 

      (1) Wertmesser ist das Gold.

      (2) Rechnungseinheit ist die Reichsmark, die in 100 Reichspfennige eingeteilt Ist.

      (3) Eine Reichsmark ist gleich dem Werte von 1/2790 Kilogramm Feingold.

      (4) Durch Vereinbarung koennen andere Wertmesser als das Gold bestimmt werden.

 

§ 3

 

      Reichsgoldmuenzen sind das einzige Zahlungsmittel, das im Verkehr unbeschraenkt und zum Nennwert angenommen werden muss.

 

§ 4

 

      (1) Eine Verpflichtung zur Annahme von Banknoten bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt.

      (2) § 3 Abs. 2 des Bankgesetzes vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. II S. 235) wird aufgehoben.

      (3) In § 5 Abs. 1 Satz 1a) des Muenzgesetzes vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. II S. 2S4) werden die Worte: "und die von der Reichsbank ausgestellten auf Reichsmark lautenden Noten" gestrichen.

 

§ 5

 

      (1) Die amtlich zugelassenen deutschen Boersen haben taeglich fuer die Reichsbanknoten einen Kurs In Reichsmark festzusetzen und bekannt zu machen.

      (2) Bis zur Einfuehrung eines freien Goldmarktes In Deutschland wird der Kurs durch Umrechnung des amtlichen Londoner Goldpreises unter Zugrundelegung des Mittelkurses der Reichsbanknoten fuer Auszahlung London festgesetzt.

 

§ 6

 

      Im Verkehr bleiben im Zweifel Kursabweichungen der verkehrsueblichen Zahlungsmittel vom Nennwert um je 1 v. H. nach oben oder unten ausser Betracht.

 

§ 7

 

      Unterbleibt die Feststellung oder die Veroeffentlichung des Kurses eines Zahlungsmittels oder findet fuer einen Zeitraum von langer als 6 Boersentagen eine beschrankte Zuteilung von Gold oder Devisen statt, so kann der Glaeubiger die Annahme der Leistung so lange verweigern, wie die Feststellung oder Bekanntmachung des Kurses unterbleibt oder die beschraenkte Zuteilung andauert.

 

§ 8

 

Wird eine geschuldete Leistung durch Uebergabe von Reichsbanknoten bewirkt, so erlischt mit deren Annahme das Schuldverhaeltnis.

 

§ 9

 

Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Schuldverhaeltnisse gelten als wertbestaendig.

 

II. Kapitel

 

§ 10

 

      (1) Die Reichsbank hat vom Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes an neue Banknoten auszugeben. Die Banknoten sind mit fortlaufenden Nummern zu versehen. Der Tag der Ausgabe ist auf Ihnen zu vermerken. Sie muessen sich von den bisher ausgegebenen Reichsbanknoten deutlich unterscheiden.

      (2) Die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes umlaufenden Reichsbanknoten sind bis zum 31. Dezember 1934 einzuziehen und zu vernichten. Giroguthaben koennen durch sie nicht mehr begruendet werden.

 

§ 11.

 

      (1) Fuer die Neuausgabe von Reichsbanknoten gelten die Vorschriften des Bankgesetzes mit der Massgabe, dass neue Noten nur ausgegeben werden duerfen, wenn im Laufe des der Ausgabe vorangehenden Kalendermonats ein Viertel der zu Beginn dieses Monats ausstehenden, nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gewaehrten Kredite getilgt worden ist (Rueckstroemung).

      (2) Verlaengerungen eines bestehenden Schuldverhaeltnisses, gleich in welcher Form, gelten nicht als Tilgung.

 

§ 12

 

      Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes umlaufenden Reichsbanknoten werden bis zum 31. Dezember 1932 an den Kassen des Reichs, der Laender und der Gemeinden (Gemeindeverbaende), der oeffentlich-rechtlichen Religions-Gesellschaften und der Traeger der Sozialversicherung zur Entrichtung von Abgaben und Beitragen und bei der Einzahlung auf Steuerguthaben zum vollen Nennwerte angenommen.

 

§ 13

 

      Die Reichsbank hat die von Ihr ausgegebenen Noten jederzeit zum vollen Nennwerte zur Tilgung Ihrer Forderungen in Zahlung zu nehmen.

 

§ 14

 

      Die Reichsbank hat die an sie zurueckfliessenden Reichsbanknoten zu vernichten.

 

§ 15

 

      (1) Die woechentlichen Veroeffentlichungen der Reichsbank haben ausser den in § 36 des Bankgesetzes vom 30. August 1924 vorgeschriebenen Angaben zu enthalten:

 

1. auf Seiten der Passiva: den Betrag der umlaufenden Noten, gesondert danach, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgegeben worden sind;

2. auf selten der Aktiva: den Bestand an "sonstigen Wechseln und Schecks", gesondert danach, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes angekauft oder beliehen worden sind; Verlaengerungen von Schuldverhaeltnissen, gleich in welcher Form, sind nach Betrag und Entstehungszelt sowie nach Groessenklassen (bis 10000 Reichsmark, ueber 10000 bis 50000 Reichsmark, ueber 50000 bis  200000  Reichsmark, ueber  200000 bis 1 Million Reichsmark, ueber 1 Million bis 10 Millionen Reichsmark und ueber 10 Millionen Reichsmark) auszuweisen; dabei gelten mehrere Verpflichtungen des gleichen Schuldners als eine Verpflichtung.

 

      (2) Die woechentlichen Veroeffentlichungen haben ferner anzugeben, wie viele Banknoten nach § 14 vernichtet und wie viele Banknoten neu ausgegeben worden sind.

 

§ 16

 

      Der Rechnungshof des Deutschen Reichs ueberwacht die gesamte Geschaeftsfuehrung der Reichsbank und erstattet der Reichsregierung vierteljaehrlich Bericht. Er hat den Vierteljahresbericht im Deutschen Reichsanzeiger und Preussischen Staatsanzeiger zu veroeffentlichen.

 

III. Kapitel

 

§ 17

 

      Der Reichsminister der Finanzen kann die zur Durchfuehrung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen. Er kann, soweit er es zur Erreichung des Zwecks dieses Gesetzes fuer erforderlich haelt, allgemeine Vorschriften ergaenzenden Inhalts erlassen.

 

§ 18

 

      Dieses Gesetz tritt am ....... in Kraft.

 

 

 


II. Entwurf eines Gesetzes ueber Reichskassenscheine.

 

§ 1

 

      Die Reichsregierung wird ermaechtigt, Reichskassenscheine in Abschnitten zu 5, 10, 20, 50 und 100 Reichsmark auszugeben.

 

§ 2

 

      (1) Die Reichskassenscheine werden von der Reichsschuldenverwaltung ausgefertigt.

      (2) Die Reichsschuldenverwaltung hat den Tag der Uebergabe an die Reichshauptkasse auf den Reichskassenscheinen zu vermerken.

      (3) Sie hat fuer beschaedigte oder unbrauchbar gewordene Scheine fuer Rechnung des Reiches Ersatz zu leisten, wenn das vorgelegte Stueck zu einem echten Reichskassenschein gehoert und mehr als die Haelfte eines Reichskassenscheins betraegt. In anderen Fallen leistet sie nach ihrem pflichtmaessigen Ermessen Ersatz.

      (4) Die Reichshauptkasse hat die an sie zurueckgelangenden Reichskassenscheine zu entwerten und der Reichsschuldenverwaltung zur Vernichtung zurueckzugeben.

 

§ 3

 

      (1) Die amtlich zugelassenen deutschen Boersen haben taeglich fuer die Reichskassenscheine einen Kurs in Reichsmark festzusetzen und bekanntzumachen.

      (2) Bis zur Einfuehrung eines freien Goldmarktes in Deutschland wird der Kurs durch Umrechnung des amtlichen Londoner Goldpreises unter Zugrundelegung des Mittelkurses der Reichskassenscheine fuer Auszahlung London festgesetzt.

 

§ 4

 

      Ist der Mittelkurs fuer eine laengere Zeitdauer als zwei Tage niedriger als 95 v. H. des Nennwertes, so duerfen neue Reichskassenscheine so lange von der Reichsschuldenverwaltung nicht ausgefertigt und von der Reichshauptkasse nicht in Verkehr gebracht werden, bis der genannte Kurs mindestens 95 v. H. betraegt.

 

Entwurf Nr. II, § 4.    Diese Bestimmung halte ich noch heute fuer zweckmaessig. Bei Ladengemeinschafts-Emissionen ist eine solche Bestimmung meiner Meinung nach nicht notwendig, weil bei der ersten Nachricht ueber ein Disagio die Gutschein-Inhaber gleich gerannt kommen, um ihre Gutscheine in Ware umzusetzen. Fehlt dann die Ware oder das Bargeld zum Einloesen, so wird ja gleich - - d.h. binnen weniger als einer Stunde - - die Geschaeftsleitung verhaftet sein.

 

Bth.

4.5.56.

 

§ 5

 

      (1) Ueber die Reichskassenscheine sind taegliche Ausweise im Deutschen Reichsanzeiger und Preussischen Staatsanzeiger zu veroeffentlichen. Diese Ausweise muessen enthalten, gegliedert nach der Stueckelung:

 

1. die Gesamtausgabe an Reichskassenscheinen,

2. den Bestand an Reichskassenscheinen bei der Reichshauptkasse,

3. den sich daraus ergebenden Umlauf an Reichskassenscheinen,

4. den Eingang und Ausgang von Reichskassenscheinen bei der Reichsschuldenverwaltung und der Reichshauptkasse.

 

      (2) Der Rechnungshof des Deutschen Reiches ueberwacht die Richtigkeit der Ausweise und bestaetigt sie in der Veroeffentlichung.

 

§ 6

 

      Eine gesetzliche Verpflichtung zur Annahme von Reichskassenscheinen bei Zahlungen, welche in Geld zu leisten sind, findet nicht statt, und zwar weder zum Nennwert noch zu einem anderen Wert.

 

§ 7

 

      (1) Annahmezwang besteht nur fuer die Kassen

 

1. des Reichs,

2. der Laender,

3. der Gemeinden und Gemeindeverbaende,

4. der Traeger der Sozialversicherung.

5. der Deutschen Reichspost,

6. der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft.

 

      (2) Der Annahmezwang erstreckt sich nicht auf die Einzahlungen im Postscheck-, Sparkassen- und Bankverkehr, insbesondere nicht auf die Einzahlungen bei den im Abs. 1 genannten Kassen, die nur der Weitergabe oder der bankmaessigen Verwaltung des eingezahlten Betrages dienen.

 

§ 8

 

      Die In § 7 bezeichneten Kassen haben die Reichskassenscheine jederzeit zum vollen Nennwerte anzunehmen.

 

§ 9

 

      (1) Ist der Mittelkurs an einer Boerse fuer eine laengere Zeitdauer als 6 Tage niedriger als 95 v. H. des Nennwertes, so hat der Reichsminister der Finanzen die Zahlung einzelner oder aller Steuern teilweise oder ganz in Reichskassenscheinen anzuordnen.

      (2) Soweit der Pflichtige einer solchen Verpflichtung nicht nachkommt, hat er einen Zuschlag von 1 v. H. zu entrichten.

 

§ 10

 

      Wird die geschuldete Leistung durch Uebergabe von Reichskassenscheinen bewirkt, so erlischt mit deren Annahme das Schuldverhaeltnis.

 

§ 11.

 

      § 149 des Strafgesetzbuches fuer das Deutsche Reich gilt fuer Reichskassenscheine.

 

§ 12

 

      Der Reichsminister der Finanzen hat Anweisungen zu treffen, um den Austausch der bei den Banken eingegangenen Reichskassenscheine zwischen der Reichshauptkasse, der Reichsbank und den Banken, Sparkassen und sonstigen Kreditinstituten, namentlich durch Einrichtung von Austauschstellen zu erleichtern.

 

§ 13

 

      Der Reichsminister der Finanzen kann die zur Durchfuehrung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsvorschriften und allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Er kann, soweit er es zur Erreichung des Zwecks dieses Gesetzes fuer erforderlich haelt, allgemeine Vorschriften ergaenzenden Inhalts erlassen.

 

§ 14

 

      Dieses Gesetz tritt am ....... in Kraft.

 

 


III. Entwurf eines Gesetzes ueber Erleichterung der Steuerzahlung durch Schuldtitel und Schuldbuchforderungen.

 

§ 1

 

      (1) Steuern des Reichs, der Laender und der Gemeinden (Gemeindeverbaende) und Zoelle (Abgaben) kann der Pflichtige durch Hingabe von Schuldverschreibungen, Zinsscheinen von Schuldverschreibungen, Schatzanweisungen und Schatzwechseln (Schuldtiteln) des Abgabenglaeubigers, die faellig sind oder binnen 30 Tagen faellig werden, tilgen (Abgabenverrechnung).

      (2) Zu dem gleichen Zwecke kann der Pflichtige faellige oder binnen 30 Tagen faellig werdende Schuldbuchforderungen, die ihm gegen den Abgabenglaeubiger zustehen, an diesen abtreten.

 

§ 2

 

      (1) Der Pflichtige kann Zahlungen auf von ihm kuenftig zu entrichtende Abgaben leisten. Solche Zahlungen begruenden ein Steuerguthaben.

      (2) Steuerguthaben koennen bei allen Kassen begruendet werden, an die Abgaben zu entrichten sind.

      (3) Steuerguthaben werden begruendet:

 

1. durch Hingabe von faelligen oder nichtfaelligen Schuldtiteln, aus denen der Abgabenglaeubiger verpflichtet ist,

2. durch Abtretung von faelligen oder nichtfaelligen Schuldbuchforderungen, die dem Pflichtigen gegen den Abgabenglaeubiger zustehen.

 

§ 3

 

      Die Schuldtitel und Schuldbuchforderungen werden zum Nennwerte oder zum Rueckzahlungsbetrage gutgeschrieben, wenn dieser hoeher als der Nennwert ist.

 

§ 4

 

      (1) Die Gutschrift erfolgt fuer den 30. Tag vor Faelligkeit. Bei Auslosungsanleihen wird der Tag, fuer den die Gutschrift erfolgt, von der Reichsregierung nach Massgabe der Auslosungswahrscheinlichkeit bestimmt.

      (2) Die Verrechnung erfolgt auf Anweisung des Pflichtigen oder bei Faelligkeit des rechtskraeftig festgestellten Abgabenanspruchs.

 

§ 5

 

      (1) Steuerguthaben werden von der Faelligkeit der Schuldtitel und Schuldbuchforderungen an verzinst. Die Zinsen werden dem Steuerguthaben gutgeschrieben.

      (2) Die Zinsbedingungen bestimmt die Reichsregierung.

 

§ 6

 

      Dem Pflichtigen wird der Goldwert der Steuerguthaben gewaehrleistet. Der Goldwert errechnet sich nach § 2 der Verordnung zur Durchfuehrung des Gesetzes ueber wertbestaendige Hypotheken vom 29. Juni 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 482).

 

§ 7

 

      (1) Steuerguthaben sind vererblich und ganz oder teilweise uebertragbar.

      (2) Steuerguthaben dienen nur der Verrechnung und koennen nicht zurueckgefordert werden.

 

§ 8

 

      (1) Steuerguthaben sind von den Steuern des Reichs, der Laender und der Gemeinden (Gemeindeverbaende) befreit. Dies gilt auch zu Gunsten des Erwerbers von Steuerguthaben.

      (2) Fuer den Uebergang eines Steuerguthabens auf den Erben wird Erbschaftssteuer, fuer den Uebergang auf den Beschenkten Schenkungssteuer nicht erhoben.

 

§ 9

 

      (1) Auf Erbschaftssteuer koennen auch nichtfaellige Steuerguthaben des Erblassers oder des Pflichtigen beim Reich verrechnet werden. Die Verrechnung erfolgt zum Nennwerte oder zum Rueckzahlungsbetrage (§ 3) zuzueglich der bis zum Faelligkeitstage auflautenden Zinsen. Von dem hiernach errechneten Gesamtbetrag ist ein Zwischenzins abzuziehen. Der Zwischenzins darf den niedrigsten der fuer Anleihen des Reichs geltenden Zinssaetze nicht ueberschreiten. Das Naehere bestimmt die Reichsregierung.

      (2) Der Pflichtige kann die Erbschaftssteuer auch durch Hingabe von nichtfaelligen Schuldtiteln des Reichs oder durch Abtretung von nicht faelligen Schuldbuchforderungen gegen das Reich entrichten. Die Verrechnung erfolgt nach Abs. 1 Satz 2 bis 4.

 

§ 10

 

      (1) Abgaben, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes seit laenger als drei Monaten faellig sind, kann der Pflichtige binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Hingabe von faelligen oder nichtfaelligen Schuldtiteln oder durch Abtretung von faelligen oder nichtfaelligen Schuldbuchforderungen zum Nennwert entrichten. § 9 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

      (2) Die Vollstreckung faelliger Abgaben wird hierdurch nicht beruehrt. 

 

§ 11

 

      Fuer die Steuerguthaben sind die am Tage der Hingabe der Schuldtitel oder der Abtretung der Schuldbuchforderungen geltenden Bedingungen ueber die Verzinsung, die Faelligkeit, den Nennwert und den Rueckzahlungsbetrag massgebend. Durch eine nachtraegliche Aenderung dieser Bedingungen werden die Steuerguthaben nicht beruehrt.

 

§ 12

 

      Verrechnete Schuldtitel und Schuldbuchforderungen sind auf die planmaessige Tilgung des Anleiheschuldners anzurechnen.

 

§ 13

 

      (1) Schuldtitel sind bei der Hingabe zu kennzeichnen.

      (2) Nach der Verrechnung sind die Schuldtitel zu vernichten, die Schuldbuchforderungen zu loeschen.

 

§ 14

 

      Der Boersenumsatzsteuer unterliegen nicht:

 

1. Im Inland oder Ausland abgeschlossene Anschaffungsgeschaefte, die sich auf Schuldtitel oder Schuldbuchbuchforderungen (§ 1) beziehen, die nach §§ 1, 2, 9 oder 10 dieses Gesetzes verwendet werden;

2. die Verwendung dieser Schuldtitel oder Schuldbuchforderungen nach den §§ 1, 2, 9 oder 10 dieses Gesetzes.

 

§ 15

 

      Der Reichsminister der Finanzen kann die zur Durchfuehrung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen. Er kann, soweit er es zur Erreichung des Zwecks dieses Gesetzes fuer erforderlich haelt, allgemeine Vorschriften ergaenzenden Inhalts erlassen.

 

§ 16

 

      Dieses Gesetz tritt am ......... in Kraft.

 

 

 


IV. Entwurf eines Gesetzes ueber Verrechnungsbanken.

 

§ 1

 

      (1) Verrechnungsbanken sind Unternehmungen, deren Geschaeftsbetrieb auf die Verrechnung von Forderungen und Schulden gerichtet ist.

      (2) Sie duerfen nur gute Handelswechsel und andere aus Warenverkaeufen oder Dienstleistungen herruehrende gute Forderungen erwerben oder beleihen. Die Wechsel und Forderungen duerfen keine laengere Verfallzeit als vier Monate haben; ihre Verpflichteten muessen als zahlungsfaehig bekannt sein.

      (3) Sie duerfen andere Zweige des Bankgeschaeftes nicht betreiben.

 

§ 2

 

      Verrechnungsbanken muessen im Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragen sein.

 

§ 3

 

      (1) Verrechnungsbanken sind berechtigt, auf sie gezogene Verrechnungsschecke durch einen darauf gesetzten Vermerk anzunehmen.

      (2) Durch die Annahme werden die Verrechungsbanken dem Inhaber das Verrechnungsschecks zur Gutschrift auf ein Verrechnungskonto verpflichtet. Eine Verpflichtung zur Barzahlung besteht nicht.

      (3) Die Verrechungsbank kann sich von der Verpflichtung zur Verrechnung befreien, wenn sie den Anspruch des Glaeubigers durch Uebergabe vor Reichsbanknoten, Reichskassenscheinen oder Scheidemuenzen befriedigt.

 

§ 4

 

      (1) Verrechnungsschecke im Sinne dieses Gesetzes muessen auf den Inhaber lauten und auf der Vorderseite den Vermerk "Nur zur Verrechnung" tragen. Sie koennen nur auf 1, 2, 5, 10, 20 oder 50 RM gestellt werden. Im uebrigen muessen sie den Anforderungen des § 1 des Scheckgesetzes vom 11. Maerz 1908 entsprechen.

      (2) Verrechnungschecke muessen, abgesehen von den Unterschriften der bezogenen Bank und des Ausstellers und dem Tage der Ausgabe, gedruckt sein. Der Tag der Ausgabe kann gedruckt werden. Die Unterschriften koennen auf mechanischem Wege vervielfaeltigt sein.

 

§ 5

 

      Verrechnungsbanken duerfen nur solche Vordrucke fuer Verrechnungsschecke ausgeben, die bereits mit ihrem Annahmevermerk versehen sind.

 

§ 6

 

      Die Verrechnungsbanken sind verpflichtet, von ihnen angenommene Verrechnungsschecke jederzeit zum vollen Nennwert gegen sich gelten zu lassen.

 

§ 7

 

      (1) Verrechnungsbanken duerfen Vordrucke fuer Verrechnungsschecke nur ausgeben und Wechsel oder andere Forderungen (§ 1 Abs. 2) nur erwerben oder beleihen, wenn im Laufe des vorangegangenen Kalendermonats ein Fuenftel der zu Beginn dieses Monats ausstehenden Wechsel- und anderen Forderungen getilgt worden ist (Rueckstroemung).

      (2) Verlaengerungen eines bestehenden Schuldverhaeltnisses, gleich in welcher Form, gelten nicht als Tilgung.

 

§ 8

 

      (1) Soweit die von einer Verrechnungsbank gewaehrten Kredite nicht durch Uebergabe von Verrechnungsschecken dieser Bank, sondern auf andere Weise, insbesondere durch Ueberweisung, Uebergabe von Reichsbanknoten, Reichskassenscheinen oder Scheidemuenzen, getilgt werden, sind diese Mittel fuer den Ankauf von Verrechnungsschecken dieser Bank zu verwenden oder bereitzuhalten.

      (2) Eine Verrechnungsbank kann von ihren Schuldnern ein Aufgeld fordern, soweit diese ihre Schuld nicht durch Uebergabe von Verrechnungsschecken dieser Bank tilgen. Das Aufgeld darf 1 v. H. des auf diese Weise getilgten Betrages nicht uebersteigen.

 

§ 9

 

      Der Gesamtbetrag der im Umlauf befindlichen, von einer Verrechnungsbank angenommenen Verrechnungsschecke muss bei dieser in Hoehe des Nennwertes jederzeit durch Wechsel und andere Forderungen (§ 1 Abs. 2) von mindestens gleicher Hoehe oder durch bares Geld gedeckt sein.

 

§ 10

 

      Eine Frist zur Vorlegung des Verrechnungsschecks bei der bezogenen Verrechnungsbank besteht nicht.

 

§ 11

 

      (1) Der Anspruch gegen die bezogene Verrechnungsbank aus der Annahme und gegen den Aussteller verjaehrt in drei Jahren; die Verjaehrung beginnt mit dem Schluesse des Jahres, in dem der Scheck ausgestellt worden ist.

      (2) Die Verrechnungsbanken haben auf den Ablauf der Verjaehrungsfristen bis zum 1. November eines jeden Jahres durch Bekanntmachung in den fuer die Veroeffentlichung der Bank bestimmten Blaettern hinzuweisen.

 

§ 12

 

      (1) Die Verrechnungsbanken muessen einer vom Reichswirtschaftsminister bestimmten Pruefungsstelle angeschlossen sein.

      (2) Die Pruefungsstelle ist berechtigt, die Geschaeftspapiere, Buecher und sonstigen Unterlagen der Verrechnungsbanken zu pruefen.

 

§ 13

 

      Die Verrechnungsbanken muessen bis zum 10. eines jeden Monats der Pruefungsstelle ueber die Geschaeftsentwicklung des vergangenen Monats berichten. Der Bericht muss enthalten:

 

1. den Gesamtbetrag der erworbenen und der beliehenen Wechsel und Forderungen, je besonders.

2. den Gesamtbetrag der ausgegebenen und noch nicht zurueckgelangten Vordrucke fuer Verrechnungsschecke,

3. den Betrag der im Berichtsmonat getilgten Wechsel und Forderungen,

4. den Betrag der im Berichtsmonat ausgegebenen Vordrucke fuer Verrechnungsschecke,

5. den Betrag der nach § 8 Abs. 1 bereitgehaltenen Mittel,

6. die Verlaengerungen bestehender Schuldverhaeltnisse.

 

§ 14

 

      Auf Verrechnungsschecke im Sinne dieses Gesetzes findet § 795 des Buergerlichen Gesetzbuches keine Anwendung.

 

§ 15

 

      Der Reichswirtschaftsminister kann die zur Durchfuehrung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen. Er kann, soweit er es zur Erreichung des Zweckes dieses Gesetzes fuer erforderlich haelt, allgemeine Vorschriften ergaenzenden Inhalts erlassen.

 

§ 16

 

      Dieses Gesetz tritt am ....... in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Begruendung.

 

Einleitung.

 

Gegenwaertige Lage. Bisherige Massnahmen waren Anpassung.

 

Die gegenwaertige Lage ist durch einen unheilvollen Kreislauf gekennzeichnet. Je weiter die Schrumpfung der Wirtschaft um sich greift, desto geringer werden die Einnahmen des Staates. Je mehr die Steuerlasten erhoeht werden, desto staerker mindert sich die Ertragsfaehigkeit der Wirtschaft. Dazu steigen die Beduerfnisse der oeffentlichen Hand in dem Masse, wie die Zahl der Arbeitslosen waechst. Bereits heute hat ein Teil der groessten deutschen Gemeinden Schwierigkelten, die fuer Beamtengehaelter und Unterstuetzungen erforderlichen Mittel aufzubringen. Der Tag kann nicht mehr fern sein, an dem die Aufbringung unmoeglich wird. Tritt aber dieser Fall erst ein, so werden Unruhen nicht ausbleiben und die Not wird die Ausgabe von Papiergeld erzwingen. Daher ist zu befuerchten, dass die Entwicklung zwangslaeufig in einer Inflation endet.

Die bisherigen Massnahmen zur Bekaempfung der Wirtschaftsnot haben einen Erfolg nicht gehabt. Sie stellten im Wesentlichen nur eine Anpassung an die staendig fortschreitende Deflation dar. Dies reicht jedoch nicht aus. Es muss vielmehr die Bewegung tatkraeftig bekaempft und mit allen Kraeften der Versuch gemacht werden, den circulus vitiosus zu durchbrechen.

Aber koennen wir denn etwas tun? Ist nicht die gegenwaertige Lage eine notwendige Folge des ungluecklichen Kriegsausganges? Fuehren nicht die staendig steigende Arbeitslosigkeit und die zunehmende Wirtschaftsschrumpfung, kurz die immer mehr um sich greifende Aufloesung der gesamten deutschen Volkswirtschaft im letzten Grunde auf die Reparationen und sonstigen Kriegsschulden zurueck? Ist nicht die Ansammlung des Goldes an einigen wenigen Zentren der Welt die Ursache des Niedergangs? Kurz, handelt es sich nicht um eine Weltkrisis, die nur durch einheitliche Massnahmen aller beteiligten Laender, nicht aber durch die Anstrengungen eines einzelnen wirksam bekaempft werden kann?

Kein Einsichtiger wird die Zusammenhaenge und Verknuepfungen des zwischenstaatlichen Lebens bestreiten. Indessen selbst die staerkste Verflechtung mit dem Auslande entbindet nicht von der Pflicht, selbst alles das zu tun, was zu einer Besserung der Lage fuehren kann. Schon einmal hat die Auffassung, dass Hilfe nur von aussen kommen koenne, fuer das deutsche Volk die unheilvollsten Folgen gehabt. Auch in der Inflation nahm man an, dass die Ursache in den Internationalen Verhaeltnissen laege. Das Loch im Westen, die Ungewissheit ueber die Hoehe der Reparationen wurden fuer die Inflation verantwortlich gemacht, und man hielt es fuer unmoeglich, eine stabile Waehrung zu schaffen, bevor nicht die internationalen Konferenzen die allgemeine Lage geklaert haetten. Auch damals glaubte man, abwarten zu muessen, bis fremde Hilfe von aussen kaeme. Die Hoffnung war truegerisch, und als die Not auf das Aeusserste gestiegen war, bereits Unruhen und Aufstaende in den verschiedensten Teilen des Reichs ausbrachen, gelang es in letzter Stunde, der fortschreitenden Entwertung der Mark Halt zu gebieten und die Stabilisierung durchzufuehren.

Alles dies geschah, wie niemand auf der Welt bestreitet, ausschliesslich aus eigener Kraft des deutschen Volkes. Keine internationale Konferenz hatte geholfen, und die Einladungen zu den Beratungen der Sachverstaendigen gingen erst an die beteiligten Regierungen heraus, nachdem die Stabilisierung bereits erfolgt war.

Es besteht kein Zweifel, dass der gegenwaertige Zustand dem damaligen nicht gleich ist, aber die Aehnlichkeit ist groesser, als die meisten anzunehmen scheinen. In jedem Falle geben die Erfahrungen der damaligen Zeit ein eindrucksvolles Beispiel fuer die Gegenwart.

Dazu kommt: Wir koennen nicht laenger warten. Es droht bereits der voellige Zusammenbruch. Die Regelung der Internationalen Beziehungen aber vollzieht sich langsam. Darum bleibt uns keine Wahl, wir koennen nicht verhungern, wir muessen handeln. 

 

 


Erster Hauptteil.

 

Gegen Inflation.

 

Bei aller Not und Dringlichkeit der Aufgabe muss Klarheit darueber bestehen, dass keinesfalls irgendein Mittel angewendet werden darf, das auch nur die Moeglichkeit einer Inflation in sich birgt. Hierueber besteht im ganzen Volke Einigkeit. Die Schrecken der Inflation sind noch in aller Erinnerung. Zudem ist noch niemals eine kranke Volkswirtschaft durch eine Inflation geheilt worden. Jedes Mittel, das zur Inflation fuehrt, muss daher ausscheiden.

      Aber nicht nur darum handelt es sich, ein Mittel zu vermeiden, das die Gefahr der Inflation in sich bergen koennte. Der bestehende Zustand ist bereits in sich Inflationsgefaehrlich. Es ist bereits dargelegt, dass die Spannung zwischen dem Geldbedarf der oeffentlichen Hand und den Moeglichkeiten ihrer Einnahmen staendig im Wachsen begriffen ist, und es muss allen Ernstes mit der Gefahr gerechnet werden, dass diese Spannung bei gewaltsamen Entladungen zu Inflationsmassnahmen fuehren wird. Die Aufgabe ist also nicht nur, bei kuenftigen Massnahmen Inflationen zu vermeiden, sondern vielmehr die bereits jetzt drohende Inflationsgefahr zu beheben.

      Die grosse Tradition des deutschen, insbesondere des preussischen Vorkriegs-Finanzwesens weist hier den Weg.

       Vergleicht man die Finanzverfassung der deutschen Staaten im 19. Jahrhundert mit der gegenwaertigen, so ergibt sich ein wesentlicher Unterschied. Bis zu dem Jahre 1909 gab es in Deutschland fuer Banknoten und die von dem Staat ausgegebenen Kassenscheine keinen Annahmezwang. Erst in diesem Jahre wurde der Zwangsumlauf eingefuehrt. Bis zu dem Jahre 1909 gab es daher keine Moeglichkeit, eine Inflation herbeizufuehren. Wenige Jahre spaeter war sie bereits Ereignis geworden. Dies ist mit aller Klarheit festzustellen. Zu diesem Zwecke seien nachfolgend die in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmungen einander gegenuebergestellt:

§ 2 des Bankgesetzes vom 14. Maerz 1875 (RGBl. S. 177), das den frueheren partikularrechtlichen Vorschriften nachgebildet war, bestimmte:

 

"Eine Verpflichtung zur Annahme von Banknoten bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt und kann auch fuer die Staatskassen durch Landesgesetz nicht begruendet werden."

 

Demgegenueber verordnet Artikel 3 des Gesetzes betreffend Aenderung des Bankgesetzes vom 1. Juni 1909 (RGBl. S. 515):

 

"Die Noten der Reichsbank sind gesetzliches Zahlungsmittel."

 

Dies bedeutet also:

Durch die Aenderung des Bankgesetzes wurde der Annahmezwang fuer Reichsbanknoten eingefuehrt und es war nunmehr jedermann gezwungen, Reichsbanknoten zum Nennwert in Zahlung zu nehmen, mochte auch ihr wahrer Wert noch so tief unter den Nennwert sinken. Das Gesetz vom 1. Juni 1909 war somit die gesetzliche Voraussetzung fuer die Inflation und die wenigen Worte des Artikels 3 haben den gesamten lnflationsverlust der deutschen Wirtschaft erst ermoeglicht.

Es ist in hohem Masse bemerkenswert, wie bereits die alte Preussische "Verordnung ueber die Annahme der Tresorscheine in Zahlungen, bis zur Wiedereroeffnung Ihrer Realisation" vom 23. Oktober 1807 eine derartige Massnahme beurteilt. Dort heisst es woertlich:

 

"Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koenig von Preussen, Markgraf zu Brandenburg etc. Thun kund und fuegen hiermit zu wissen:

Indem Wir unter dem 1sten Juni dieses Jahres die Annahme der Tresorscheine dem freien Willen der Zahlungs-Empfaenger ueberliessen, konnte es Uns nicht verborgen seyn, dass dieses Papiergeld dadurch gleich noch mehr im Course gegen baares Silber-Courant verlieren wuerde, als es schon in Folge der gehemmten Realisation desselben damals verlor. Wir sahen aber und sehen dieses als ein kleines Uebel an, in Verhaeltnis gegen den Anreiz zur Unredlichkeit, der aus der Moeglichkeit entsteht, einem Glaeubiger Zahlung nach einem erzwungenen Pari in Papiergeld aufzudringen, das, bei seiner eingestellten Realisation, gegen Muenze verliert."

     

Diese Verordnung ist von dem Freiherrn vom Stein gezeichnet.

Grundsaetzlich ist davon auszugehen, dass niemals eine Inflation ohne Zwangskurs moeglich ist. Hierueber hat in der Finanzwissenschaft stets voellige Einigkeit bestanden. Erst in der neueren Zeit scheint dieses Grundgesetz in Vergessenheit geraten zu sein.

Welches sind nun die gegenwaertig geltenden Vorschriften ueber diese entscheidende Frage? Das Bankgesetz vom 30. August 1924 (RGBl. II S. 235), das im Rahmen der Gesetze des Dawes-Planes erlassen wurde, stimmt fast woertlich mit dem Gesetz vom 1. Juni 1909 ueberein. § 3 Absatz 7 lautet:

"Die Reichsbanknoten sind ausser Reichsgoldmuenzen das einzige unbeschraenkte gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland."

In gleicher Welse bestimmt § 5 des Muenzgesetzes vom 30. August 1924 (RGBl. II S. 254):

 

"Alleinige gesetzliche Zahlungsmittel sind fortan:

a) die in den §§ 2-4 bezeichneten Goldmuenzen und

b) die von der Reichsbank ausgestellten auf Reichsmark lautenden Noten unbeschraenkt."

 

Die gegenwaertige Regelung ist also genau derjenigen nachgebildet, die im Jahre 1909 getroffen wurde und die Inflation ermoeglichte.

Grundsaetzlich ist daher in dieser Frage zu dem Bankgesetz vom 14. Maerz 1875 zurueckzukehren, dem eine laenger als 100jaehrige Erfahrung zu Grunde lag. Demgemaess stellt der vorliegende Entwurf des Gesetzes ueber wertbestaendige Rechnung und Entlastung der Reichsbank in Kapitel 1 § 4 die alte Fassung des Bankgesetzes vom 14. Maerz 1875 § 2 wieder her. Der Zwangsumlauf fuer Reichsbanknoten soll also in Zukunft aufgehoben und niemand mehr gezwungen werden, eine Reichsbanknote zu einem anderen Werte in Zahlung zu nehmen, als ihr tatsaechlich zukommt.

Die dem alten Bankgesetz entgegenstehenden Vorschriften des § 3 Absatz 2 des gegenwaertigen Bankgesetzes, sowie des § 5 des Muenzgesetzes sind daher aufzuheben.

Damit nicht genug. Es ist vielmehr zur Vermeidung von Inflationen und zur Herstellung gerechter Verhaeltnisse ganz allgemein der Grundsatz wertbestaendiger Rechnung aufzustellen. Das einzelne Zahlungsmittel mag, wenn es schlecht verwaltet wird, im Werte absinken. Aber der Preis der Ware, der Wert des Lohnes und der Leistung duerfen hiervon in Zukunft nicht mehr beruehrt werden. Durch eine Schwankung im Wert der Zahlungsmittel soll in Zukunft niemand mehr betrogen werden. Dabei liegt auf der Hand, dass eine wirklich wertbestaendige Rechnung niemals moeglich ist, solange ein Zwangskurs besteht. Denn eben durch diesen Zwang wird die Bildung des freien Kurses, welcher allein die Feststellung des Wertes ermoeglicht, gehindert. Dies gilt nicht nur fuer den Fall einer Entwertung des Zahlungsmittels (Inflation), sondern in gleicher Weise fuer den Fall, dass der Wert des Geldes steigt (Deflation). Die Ungerechtigkeit ist in beiden Fallen die gleiche. Im Falle der Inflation wirkt sie sich zu Lasten des Glaeubigers, im Fall der Deflation zum Schaden des Schuldners aus. Demzufolge stellt § 1 des Entwurfes I den allgemeinen Grundsatz auf, dass im Verkehr wertbestaendig gerechnet werden soll.

Welcher Wertmassstab soll nun der Berechnung zu Grunde gelegt werden? Als gegen Ende der Inflation der Wert der Mark derartig ins Schwanken geraten war, dass sie als Wertmesser nicht mehr verwendet werden konnte, versuchte die Wirtschaft, sich selbst zu helfen und legte, je nach den besonderen Verhaeltnissen, den Preis des Roggens, des Weizens, des Zuckers, der Kohle, des Leuchtgases und anderes mehr den Berechnungen zu Grunde. Gemessen an der staendig hinabgleitenden Mark waren diese Preise wertbestaendig, aber im Verhaeltnis zum Golde schwankten auch sie.

Die Frage nach dem Wertmesser ist gerade gegenwaertig lebhaft eroertert. Massgebend fuer die Beurteilung der Wahl muss die Tauglichkeit sein, d. h. also, es ist diejenige Ware dem Wert der Berechnung zu Grunde zu legen, welche erfahrungsgemaess den geringsten Schwankungen ausgesetzt ist. Dies ist fuer die gegenwaertige Zeit zweifellos das Gold. Die Statistik und die praktische Erfahrung ergeben, dass im Verhaeltnis zu allen uebrigen Waren die Schwankung des Goldpreises in den letzten 100 Jahren weitaus die geringste war, und weisen andererseits aus, welchen bedeutenden Schwankungen allein in den letzten Jahren beispielsweise Zucker und Roggen unterlagen. Selbstverstaendlich Ist, dass der Preis selbst der empfindlichsten Ware immer noch einen besseren Wertmesser abgibt, als das mit Zwangskurs ausgestattete Papiergeld. Aber bei reiflicher Abwaegung aller Umstande ergibt sich, dass zur Zeit und voraussichtlich auch in der naechsten Zukunft von allen Waren die groesste Eignung als Wertmassstab dem Golde zukommt.

Demgemaess hat auch das Muenzgesetz entsprechend den Vorschriften der meisten Laender grundsaetzlich den Wert der Reichsmark nach dem Werte des Goldes bestimmt. Grundsaetzlich wird es zweckmaessig sein, hieran festzuhalten. Doch bleibt es der Wirtschaft ueberlassen, von Fall zu Fall andere Wertmassstaebe als das Gold, beispielsweise den Roggen, die Kohle, den Zucker, ihren Berechnungen zu Grunde zu legen. Sonach ist die Reichsmark in dem Entwurf I entsprechend dem bisherigen Zustande als 1,2790 kg Feingold bestimmt.

Wuenschenswert waere, dass ein freier Goldmarkt in Deutschland bestaende, und es wird dies grundsaetzlich auch erstrebt werden muessen. Bis zur Einfuehrung eines freien Goldmarktes duerfte jedenfalls die Bezugnahme auf den Londoner Goldpreis entsprechend der bisherigen Uebung die groesste Gewaehr fuer eine wertbestaendige Rechnung geben.

Selbstverstaendlich ist, dass Goldmuenzen fuer die Durchfuehrung einer wertbestaendigen Rechnung nicht im Umlauf sich befinden muessen; denn es handelt sich bei der wertbestaendigen Rechnung lediglich darum, den Goldpreis als Massstab zu Grunde zu legen.

Mit der Aufhebung des Annahmezwangs wird zugleich die unglueckliche Doppeldefinition beseitigt, welche zurzeit fuer den Begriff der Reichsmark besteht. Einmal ist naemlich durch das Muenzgesetz eine Reichsmark gleich einer bestimmten Menge Feingold gesetzt.  Andererseits entspricht sie dem Bruchteil des Wertes einer Reichsbanknote, beispielsweise einem Zwanzigstel des Wertes einer Banknote ueber 20 Mark. Beide Definitionen sind lediglich miteinander durch den Zwangskurs verknuepft. Aber es kann keinem Zweifel unterliegen, und die Erfahrung hat es uns nachdruecklichst gelehrt, dass der Wert der Banknote und des Goldes von einander verschieden sein koennen. Die gesetzliche Definition der Reichsmark nach dem Muenzgesetz soll also bestehen bleiben, d. h. der Wert der Reichsmark bestimmt sich nach dem Golde. Die bisher daneben geltende Papiergeldwaehrung wird aufgehoben.

Von diesem Standpunkte aus bestehen auch gegen die im Verkehr wiederholt angewendeten Gold- oder sonstigen Wertklauseln keinerlei Bedenken. Solche ergeben sich vielmehr nur dann, wenn ein Zwangskurs fuer Banknoten besteht. Vollzieht sich die gesamte Rechnung im wirtschaftlichen Verkehr auf wertbestaendiger Grundlage, so ist die Vereinbarung von Goldklauseln im Grunde erlaubt und ueberfluessig zugleich, da jedes Rechtsgeschaeft wertbestaendig durchgefuehrt werden soll.

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhange zwei grosse geschichtliche Vorbilder. So hat bereits Friedrich der Grosse in dem Reglement der Koeniglichen Giro- und Lehn-Banco zu Berlin vom 17. Juni 1765 in Artikulus 1 bestimmt:

 

"Alle Buecher dieser Banco sollen in Pfunden, deren jedes 30 Groschen enthaelt, gefuehret werden. Der immerwaehrende Bestandteil eines solchen Banco-Pfundes soll 25 pro Cent mehrern Wert enthalten, als unsere Friedrichs d'or, welche zu 21 Karat 9 Graen ausgemuenzt sind, und deren 35 Stueck ein Marck enthalten, solchergestalt. dass 4 Pfund Banco, unveraenderlich einen Friedrich d'or ausmachen."

 

Der gesamte Geschaeftsverkehr der Koeniglichen Giro- und Lehn-Banco zu Berlin sollte also in Pfunden gerechnet werden, d. h. in einer Rechnungseinheit, deren Wert sich nach dem Golde bestimmt, nicht aber etwa in effektiven Muenzen, denn es hat Stueckgeld in Pfunden tatsaechlich in Preussen nicht gegeben.

Welter verordnete das Kaiserlich Oesterreichische Patent vom 1. Juni 1816:

 

"Es soll von nun an nie mehr die Anfertigung eines neuen Papiergeldes mit Zwangswert und Zwangsumlauf, oder irgendeine Vermehrung des gegenwaertig in Umlauf befindlichen statthaben."

 

Zusammenfassend wird bemerkt:

Der Zwangskurs fuer Banknoten ist aufzuheben. Es soll wertbestaendig gerechnet werden und als Rechnungseinheit die Reichsmark entsprechend den Vorschriften des Muenzgesetzes gelten.

Diese vorgeschlagene Regelung schafft hinsichtlich der Waehrung klare Verhaeltnisse und macht fuer die Zukunft jede Inflation in der grundlegendsten Weise ein fuer allemal unmoeglich. Sie entspricht den grossen Traditionen der deutschen Finanzgeschichte und knuepft an die Gesetzgebung Friedrichs des Grossen an. 

 

 


Zweiter Hauptteil.

 

Die Finanzierung der oeffentlichen und der privaten Wirtschaft muss wieder geschieden werden.

 

Die zweite Gefahrenquelle der gegenwaertigen Lage ist die Vermischung der oeffentlichen und der privaten Finanzierung.

Auszugehen ist von dem alten Bankgesetz vom 14. Maerz 1875. Dort war In § 12 die Aufgabe der Reichsbank dahin gestellt,

"den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und fuer die Nutzbarmachung verfuegbaren Kapitals zu sorgen."

Der Reichsbank lag danach sowohl die Finanzierung der oeffentlichen Hand, wie die der privaten Wirtschaft ob. Demgemaess bestimmte § 13:

 

"Die Reichsbank ist befugt, folgende Geschaefte zu betreiben:

1. ........

2. Wechsel, welche eine Verfallzeit von hoechstens drei Monaten haben, und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfaehig bekannte Verpflichtete haften, ferner Schuldverschreibungen des Reichs, eines deutschen Staates, oder inlaendischer kommunaler Korporationen, welche nach spaetestens drei Monaten mit ihrem Nennwerte faellig sind, zu diskontieren, zu kaufen und zu verkaufen."

 

Danach stand der Reichsbank frei, diejenigen Wechsel zu erwerben, die sie fuer angemessen hielt, ohne Ruecksicht darauf, ob es sich um Handels- oder Finanzwechsel handelte, wenn nur die Verfallzelt nicht laenger als drei Monate war. In gleicher Weise war es ihr gestattet, Schuldverschreibungen der oeffentlichen Hand zu erwerben oder zu beleihen. Entscheidend war lediglich, dass die Wechsel und Schuldverschreibungen spaetestens binnen 3 Monaten zum Nennwerte eingeloest werden mussten. Dieser Grundgedanke kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Er stellt das Prinzip der Ruckstroemung dar, welches eine wesentlichere Stuetze des Banknoten-Systems bildet als die Golddeckung.

Auf diese Welse erfuellte die Reichsbank ihre Aufgabe, Banknoten gegen Forderungen auszugeben. Mit anderen Worten, sie zerlegte die ihr eingereichten Wechsel oder Schuldverschreibungen, welche erst nach spaetestens 3 Monaten faellig waren, in sofort faellige kleine Stuecke, die bestimmt waren, im taeglichen  Verkehr umzulaufen. Wurde nach spaetestens 3 Monaten die beliehene oder angekaufte Forderung faellig, so musste sie in den dafuer ausgegebenen Banknoten eingeloest werden. Die Reichsbank erhielt also die Banknoten zurueck, gab den Wechsel oder die Schuldverschreibungen heraus, und damit war das einzelne Geschaeft in sich abgewickelt. Zahlte der Wechselschuldner statt in Banknoten in Goldmuenzen, so konnte die Reichsbank diese zum Rueckkauf ihrer Banknoten verwenden. Sie war sogar durch die Einloesungspflicht zu diesem Rueckkauf gezwungen.

Der Banknotenumlauf beruhte also auf dem Prinzip, dass nach spaetestens 3 Monaten die ausgegebenen Noten an die Reichsbank zurueckstroemen mussten, und dieser Grundgedanke war gut. Wurde diese Grundforderung erfuellt, so beduerfte es keines Annahmezwanges; denn der Wert der Noten bestand gerade darin, dass sie notwendigerweise an die Reichsbank zurueckgelangten, die gezwungen war, die von Ihr ausgegebenen Noten jederzeit zum Nennwerte in Zahlung zu nehmen (§ 4 Absatz 1 des alten Bankgesetzes).

Wie stellt sich nun die Lage heute dar? Das Bankgesetz vom 30. August 1924 wiederholt zunaechst In § 1 woertlich dan der Reichsbank gestellten Aufgabenkreis. Danach ist es also heute wie frueher Aufgabe der Reichsbank, den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und fuer die Nutzbarmachung verfuegbaren Kapitals zu sorgen.

Im uebrigen weichen jedoch die Bestimmungen des gegenwaertigen Bankgesetzes von den frueheren wesentlich ab. So ist es jetzt der Reichsbank nicht mehr gestattet, Schuldverschreibungen der oeffentlichen Hand, sei es des Reichs, der Laender oder Gemeinden, zu erwerben. Daneben sind die Anforderungen an die "Reichsbankfaehigkeit der Wechsel" erhoeht, insbesondere soll die Bank nur noch gute Handelswechsel diskontieren. Sonach lautet § 21 des neuen Bankgesetzes, soweit er hier in Betracht kommt, wie folgt:

 

"Die Bank ist befugt, folgende Geschaefte zu betreiben:

1. ........

2. Wechsel, welche eine Verfallzeit von hoechstens drei Monaten haben, und aus welchen drei als zahlungsfaehig bekannte Verpflichtete haften, ebenso Schecks, aus welchen drei als zahlungsfaehig bekannte Verpflichtete haften, zu diskontieren, zu kaufen und zu verkaufen. Von dem Erfordernis der dritten Unterschrift kann in den Faellen abgesehen werden, wo durch eine Nebensicherheit oder in sonstiger Weise die Sicherheit des Wechsels oder Schecks gewaehrleistet ist; der Betrag der so diskontierten Wechsel darf 33 vom Hundert des jeweiligen Gesamtbestandes der diskontierten Wechsel nicht uebersteigen. Die von der Bank diskontierten Wechsel sollen nur gute Handelswechsel sein."

 

Das Prinzip des Rueckstroms ist also aufrecht erhalten. Auch jetzt sollen die erworbenen Wechsel keine laengere Verfallzelt als 3 Monate haben. Insoweit bestehen also gegen die Regelung keinerlei Bedenken. Im Gegenteil laesst das Gesetz vom Standpunkt der privaten Wirtschaft nichts zu wuenschen uebrig; denn auch die Vorschrift, dass lediglich gute Handelswechsel diskontiert werden sollen, entspricht dem Prinzip des Rueckstroms, da Handelswechsel naturgemaess noch mehr als Finanzwechsel diese Tendenz in sich tragen.

Dagegen ist die gegenwaertige Regelung vom Standpunkte des Staates aus ungenuegend. Der Reichsbank ist der Erwerb von Forderungen gegen die oeffentliche Hand ausdruecklich untersagt. Lediglich ein Betriebskredit von hoechstens 100 Millionen RM darf ihr gemaess § 25 Absatz 2 des Bankgesetzes von der Reichsbank eingeraeumt werden. Darueber hinaus ist in § 25 Absatz 6 ausdruecklich bestimmt:

 

"Im Uebrigen darf die Bank dem Reiche, oder den Laendern, oder Gemeinden (Gemeindeverbaenden), sowie auslaendischen Regierungen weder mittelbar, noch unmittelbar Kredite einraeumen."

 

Durch Gesetz vom 8. Juli 1926 (RGBl. II S. 355) ist alsdann der Reichsbank gestattet worden. Schatzwechsel des Reichs im Hoechstbetrage von 400 Millionen RM zu diskontieren, zu kaufen und zu verkaufen, wofern aus den Schatzwechseln ausser dem Reiche noch ein weiterer als zahlungsfaehig bekannter Verpflichteter haftet.

Soweit diese Grenzen ueberstiegen werden, kann daher nach dem Gesetze das Reich keinerlei Kredite von der Reichsbank erhalten. Diese Regelung wird verstaendlich, wenn man erwaegt, dass unmittelbar vor Erlass des neuen Bankgesetzes durch die Kreditgewaehrung an das Reich auf Grund des bestehenden Zwangskurses der Reichsbanknoten die Inflation entstanden war. Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass dem Reich die  kurzfristige Finanzierungsmoeglichkeit  bei der Reichsbank  ausserordentlich begrenzt worden ist. Dies ist umso bedeutungsvoller, wenn man erwaegt, dass die Beduerfnisse der oeffentlichen Hand seit dem Kriege sowohl absolut, als auch im Verhaeltnis zu den Ertraegnissen der Volkswirtschaft wesentlich gestiegen sind. Errechnet man noch fuer das Jahr 1913 den Anteil der oeffentlichen Wirtschaft am Sozialprodukt auf 18 vom Hundert, so mag er gegenwaertig zwischen 40 und 45 vom Hundert liegen. Die Beduerfnisse des Staates sind also mehr als verdoppelt, seine Finanzierungsmoeglichkeiten jedoch verringert worden.

Jedermann weiss, dass die Reichsbank, durch die zunehmenden Schwierigkeiten der oeffentlichen Hand gezwungen, entgegen den Vorschriften des neuen Bankgesetzes Schuldverschreibungen des Reichs, der Laender und Gemeinden diskontieren und erwerben musste. Jedermann weiss, dass die auf diese Weise mittelbar oder unmittelbar gewaehrten Kredite den im Bankgesetz vorgesehenen Hoechstbetrag um ein Vielfaches uebersteigen.

Insgesamt muessen sich die von der Reichsbank diskontierten Finanzwechsel der oeffentlichen Hand auf etwa 1,3 Milliarden RM belaufen. Die auf Grund dieser Finanzwechsel ausgegebenen Banknoten stellen im Grunde ein verkapptes Staatspapiergeld dar. Erwaegt man, dass daneben fuer etwa 1,376 Milliarden RM Silbergeld ausgegeben worden ist, so ergibt sich, dass etwa 40 bis 45 vom Hundert des gesamten Zahlungsmittelumlaufs nicht auf dem Prinzip des Handelswechsels beruhen, sondern dem Sektor der oeffentlichen Wirtschaft entstammen.

Damit ist in Wahrheit das Grundprinzip des Bankgesetzes, nach welchem nur gute Handelswechsel der privaten Wirtschaft zur Deckung fuer die Ausgabe von Banknoten dienen duerfen, verletzt, und die Waehrung ist - aller gegenteiligen Versicherungen unerachtet - bereits heute unterhoehlt.

Alles dieses waere jedoch noch nicht einmal entscheidend. Wesentlich ist vielmehr, dass die auf diese Weise hereingenommenen Finanzwechsel der oeffentlichen Hand nicht innerhalb 3 Monaten zurueckgezahlt werden konnten. Die auf Grund dieser Wechsel ausgegebenen Zahlungsmittel gelangten daher nicht an die Reichsbank binnen spaetestens 3 Monaten zurueck. Damit war das Grundprinzip der Rueckstroemung aufgehoben. Die ausgegebenen Noten wurden nicht gebraucht, um die Schuld bei Faelligkeit an die Reichsbank zu zahlen. Sie blieben im Verkehr, und auf diese Weise wurde die Voraussetzung fuer die Einbehaltung grosser Notenmassen als Hamstergeld geschaffen.

Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass in dem gleichen Masse, wie die Reichsbank die Finanzierung der oeffentlichen Hand uebernehmen musste, die Finanzierung der privaten Wirtschaft unmoeglich wurde; denn die Reichsbank sah sich gezwungen, den Kredit der Privatwirtschaft einzuschraenken, je mehr Schatzwechsel sie uebernehmen musste. Die Notlage des Staates drueckt also auf diesem Wege mit vollem Gewicht auf die private Wirtschaft und erschwert bezw. verhindert den Gueteraustausch ueberhaupt. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch die Wirtschaftsschrumpfung fortgetrieben und die Arbeitslosigkeit gesteigert wird.

An diesem Punkte muss also angesetzt werden. Man koennte daran denken, grundsaetzlich auf das alte Bankgesetz vom Jahre 1875 zurueckzugreifen. Hiergegen bestehen jedoch Bedenken. Einmal ist das neue Bankgesetz auf Grund Internationaler Verpflichtungen erlassen und kann nur mit Zustimmung der Signatarmaechte geaendert werden. Wenn nun auch erhofft werden kann, dass Aenderungen der im Hauptteil I vorgeschlagenen Art, betreffend § 3 des Bankgesetzes und § 5 des Muenzgesetzes, ohne erhebliche Schwierigkeiten zu erreichen sein werden, so gilt dies nicht fuer die hier in Rede stehende Frage. Man muss vielmehr damit rechnen, dass die Signatarmaechte die wohl ueberlegte Scheidung zwischen der oeffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft aufrechterhalten werden. Zudem ist grundsaetzlich gegen eine derartige Scheidung nichts einzuwenden. Das gegenwaertig geltende Prinzip, nach welchem die Reichsbank der privaten Wirtschaft zu dienen hat, und der oeffentlichen Hand lediglich einen begrenzten Betriebskredit zur Verfugung stellen soll, kann daher durchaus als Grundlage angenommen werden. Man muss aber dann der oeffentlichen Hand diejenigen Finanzierungsmoeglichkelten geben, deren sie zur Erfuellung Ihrer Aufgaben bedarf.

 

Zusammenfassend wird bemerkt:

Die Finanzierung der oeffentlichen Hand muss von der privaten Wirtschaft wieder geschieden werden. Fuer die oeffentliche Wirtschaft sowohl, als auch fuer die private Wirtschaft ist das verletzte Prinzip des Rueckstroms wieder herzustellen. Alles Augenmerk ist also darauf zu richten, dass die ausgegebenen Zahlungsmittel tatsaechlich umlaufen, d. h. sobald als moeglich an ihren Ursprungsort zurueckkehren. 

 

 

 


Dritter Hauptteil.

 

Finanzierung der oeffentlichen Hand.

 

1. Welches ist die gegenwaertige Wirtschaftslage der oeffentlichen Hand?

 

Die langfristige Verschuldung von Reich, Laendern und Gemeinden betraegt ohne die Reparationsverpflichtungen 19,86 Milliarden RM, zu denen noch Lieferantenschulden und aehnliches treten. Insgesamt mag sich die langfristige Verschuldung auf etwa 23 Milliarden RM betaufen. Dies ist nicht uebermaessig hoch, und zwar weder im Verhaeltnis zu dem deutschen Nationalvermoegen, noch verglichen mit der langfristigen Verschuldung anderer Laender. So betraegt die innere Schuld Frankreichs etwa 44 Milliarden RM und die Grossbritanniens - zur Goldparitaet berechnet - etwa 130 Milliarden RM.

Die kurzfristige Verschuldung belaeuft sich neben 786 Millionen RM kurzfristiger Auslandsschulden auf 3,9144 Milliarden RM. Bis zum 31.3.1933 duerfte sie auf etwa 6 Milliarden RM angewachsen sein. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass die kurzfristige Verschuldung zu einem erheblichen Teil in Wahrheit langfristig ist, da sie in absehbarer Zeit nicht getilgt werden kann. Sie ist auch im Verhaeltnis zur langfristigen Schuld, uebermaessig hoch, da sie am 31.3.1933 etwa 1/4 der langfristigen ausmachen wird, waehrend sie nach anerkannten finanzpolitischen Grundsaetzen nicht mehr als etwa 1/10 betragen sollte.

Das Haushalts-Defizit von Reich, Laendern und Gemeinden wird im Jahre 1932/33 voraussichtlich auf etwa 3 Milliarden RM beziffert werden muessen und ist mit Einschluss des aus 1931 uebernommenen Fehlbetrages sogar auf etwa 4 Milliarden RM zu berechnen.

Das monatliche Kassendefizit des Reichs, der Laender und Gemeinden wird schliesslich mit mindestens 200 Millionen RM zu veranschlagen sein, davon allein beim Reich auf etwa 150 Millionen RM.

Bei alledem ist zu beruecksichtigen, dass die ausserordentliche Hoehe der schwebenden Schuld den gesamten Geld- und Kapitalmarkt stoert. Sie fuehrt zu einer Unsicherheit am Kreditmarkte und zu einer Erhoehung der Zinsen. Sie wirkt endlich nachteilig auf die Liquiditaet der Banken. Solange weiterhin umfangreiche Schulden der oeffentlichen Hand nicht konsolidiert sind, ist es unmoeglich, neue Anleihen aufzunehmen, und zu einer gesunden Finanzwirtschaft zu kommen  Eine Konsolidierung jedoch kann nicht erfolgen, solange der Kursstand der oeffentlichen Anleihen auf 50% und darunter gesunken und auf diese Weise die Effektivverzinsung auf 12-14% gestiegen ist; denn niemand wird geneigt sein, unter diesen Umstaenden dem Staate neues Geld anzuvertrauen, zumal er durch Ankauf alter Anleihestuecke etwa die doppelte Verzinsung erreichen kann. Dass hierdurch der gesamte Markt des langfristigen Geldes entscheidend beeinflusst wird, bedarf keines Wortes. Eine Steigerung der Kurse aber tritt nicht ein, da eine Nachfrage fuer die Anleihen nicht besteht.

 

2. Welche Moeglichkeiten bestehen fuer Geldbeschaffung?

 

Grundsaetzlich deckt der Staat seine Beduerfnisse durch Steuern. Daneben besteht die Moeglichkeit der langfristigen oder kurzfristigen Anleihe.

Allgemeine Einigkeit besteht darueber, dass eine Erhoehung der Steuersaetze zurzeit ausser Betracht bleibt. Auch die Einfuehrung neuer Steuern vermag neue Einnahmen nicht mehr zu schaffen. Vielmehr gehen bei der fortschreitenden Wirtschaftsschrumpfung die Ertraegnisse saemtlicher Steuern staendig zurueck. Selbst in Verbindung mit einem starken weiteren Abbau der Gehaelter werden Steuererhoehungen den Staatshaushalt nicht ausgleichen koennen.

      Eine Anleihe vom Auslande zu erhalten, duerfte bei der Ungeklaertheit der gegenwaertigen Lage bereits aus politischen Gruenden voellig unmoeglich sein. Eine Anleihe im Inneren verspricht gleichfalls keinerlei Erfolg. Denn niemand wird, solange der Kurs der bisher ausgegebenen Anleihen sich auf etwa 50% haelt, eine neue Anleihe zeichnen. Da koennen auch keinerlei Versprechungen ueber steuerliche Beguenstigungen oder aehnliches etwas ausrichten. Aus diesem Grunde kann zur Zeit auch eine Praemienanleihe keinen Erfolg haben.

      Der Weg der kurzfristigen Kreditaufnahme bei der Reichsbank ist endlich dem Reich ausdruecklich nach dem Bankgesetz untersagt. Will man die bestehenden Verhaeltnisse bessern, so wird man unter allen Umstaenden daran festzuhalten haben, dass wenigstens fuer die Zukunft dieses Verbot des Bankgesetzes beachtet wird. Aber auch selbst wenn man glaubte, sich mit Ruecksicht auf die augenblickliche Not ueber die Vorschrift des Gesetzes hinwegsetzen zu sollen, wird die Reichsbank in dem Masse, in welchem sie die oeffentliche Hand finanziert, ausserstande gesetzt, der privaten Wirtschaft die erforderlichen Zahlungsmittel zur Verfuegung zu stellen. Selbst also, wenn die Reichsbank entgegen den Vorschriften des Bankgesetzes weitere Schatz-Wechsel des Reichs diskontieren wuerde, so wuerde hierdurch der Zustand nicht gebessert, sondern der Schrumpfungsprozess fuer die Wirtschaft noch gesteigert werden.

      Die Vorschlaege der Entwuerfe sind daher darauf gerichtet:

a) Dem Reich durch Ausgabe von Reichskassenscheinen die Moeglichkeit einer Selbstfinanzierung zu geben (Entwurf II),

b) durch Schaffung der Abgaben-Verrechnung eine staendige Nachfrage nach Staatspapieren zu erzeugen, auf diese Weise den Kurs der Anleihen zu heben und die Ausgabe neuer Anleihen vorzubereiten (Entwurf III).

 

5. Der Entwurf eines Gesetzes ueber Reichskassenscheine.

 

      Die Ausgabe der Reichskassenscheine bezweckt das kurzfristige Finanzierungsbeduerfnis der oeffentlichen Hand zu befriedigen. Auf diese Weise soll der Weg fuer das Reich eroeffnet werden, der ihm durch das neue Bankgesetz bei der Reichsbank verschlossen ist. Auch hier bietet sich das Vorbild des alten Gesetzes ueber Reichskassenscheine vom 50. April 1874 (RG. Bl. 40), das wiederum seinerseits auf den partikularrechtlichen, insbesondere preussischen und oesterreichischen Vorbildern beruhte. An dieses Gesetz lehnt sich der Entwurf grundsaetzlich an. Ausgangspunkt ist § 5 des Gesetzes vom 30. April 1874, welcher lautete:

"Die Reichskassenscheine werden bei allen Kassen des Reichs und saemtlicher Bundesstaaten nach Ihrem Nennwerte in Zahlung angenommen und von der Reichs-Hauptkasse fuer Rechnung des Reichs jederzeit auf Erfordern gegen bares Geld eingeloest.

      Im Privatverkehr findet ein Zwang zu ihrer Annahme nicht statt."

 

Die Bestimmung ueber die Einloesung kommt fuer die Gegenwart nicht in Betracht, dagegen enthalten die beiden uebrigen Saetze im Grunde das gesamte Prinzip, auf dem der Gedanke der Reichskassenscheine beruhte. Der Staat muss die von ihm aufgegebenen Scheine gegen sich gelten lassen. Dies versteht sich von selbst, denn jeder Schuldner muss natuerlich seine eigene Schuld anerkennen. Darueber hinaus besteht jedoch keinerlei Zwang zu ihrer Annahme. Es gibt keinen Zwangsumlauf und im privaten Verkehr ist wie vor dem Kriege in Deutschland niemand verpflichtet, die Reichskassenscheine anzunehmen.

      Ihr Wert beruht daher nicht auf einer gesetzlichen Anordnung. Er ist fester gegruendet als auf Zwangskurs, naemlich auf die staendige Nachtrage seitens des Reichs und der oeffentlichen Kassen. Jedermann ist berechtigt, seine Steuern und sonstige Abgaben in Reichskassenscheinen zu bezahlen, und die oeffentlichen Kassen sind ohne Ruecksicht auf den etwaigen Kurswert der Reichskassenscheine verpflichtet, sie jederzeit zum vollen Nennwerte anzunehmen. Der Umlauf der Reichskassenscheine beruht daher, aehnlich wie der der gesunden Banknoten nicht auf dem Annahmezwang, sondern auf dem Prinzip der Rueckstroemung.

      In beiden Fallen handelt es sich Im Grunde um Ueberbrueckungs-Kredite. Grundlage fuer die Ausgabe der Reichskassenscheine sind die bevorstehenden Steuereingaenge des Reichs, aehnlich wie bei der Ausgabe der Banknoten die diskontierten Wechsel die Deckung darstellen. Die Reichskassenscheine haben also eine Steuerfundation, waehrend die Banknoten auf die Handelswechsel gegruendet sind.  Werden die Steuern bezahlt, so fliessen die Reichskassenscheine an das Reich zurueck, ebenso wie die Reichsbank bei Einloesung der Handelswechsel wieder in den Besitz der von ihr ausgegebenen Banknoten gelangt. In beiden Fallen ist also der Kreislauf geschlossen und kann von neuem begonnen werden.

      Es ist ausserordentlich interessant, dass bereits die alte preussische "Fernerweite Verordnung wegen der Tresorscheine" vom 5. Maerz 1813 ueber diese Frage unter anderem folgendes bestimmt:

 

"§ 3. Diese Tresor- und Thalerscheine sind als Steueranweisungen zu betrachten, welche durch die in den §§ 11, 12, 13, 14 und 15 der Verordnung vom 19. Januar d. J. aufs neue ausgeschriebene Vermoegens- und Einkommenssteuer realisiert und so wie sie eingegangen sind, vernichtet werden sollen."

"§ 8. .... Da die Tresor- und Thalerscheine auf die Vermoegenssteuer nach dem Nennwerte wieder angenommen werden, so sind sie auf dem kuerzesten Wege eine Anweisung zur Kompensation;.... "

 

      Diese Verordnung ist von Hardenberg gezeichnet.

      Einer Hoechstgrenze fuer die Ausgabe der Reichskassenscheine bedarf es nicht. Es wuerde zudem schwer sein, eine solche Hoechstgrenze zu bestimmen. Im gegenwaertigen Augenblick mag etwa ein Betrag von 1 bis 1,5 Milliarden RM angemessen sein. Bereits in kurzem kann die Lage jedoch sich veraendert haben, und gerade dann, wenn es gelingen sollte, durch die Ausgabe der Reichskassenscheine die schwebende Schuld zu verringern und die Reichsbank zu entlasten, wuerde der genannte Betrag zu gering werden. Selbstverstaendlich muss die Hoehe des ausgegebenen Betrages in einem angemessenen Verhaeltnis zu den zu erwartenden Steuereingaengen der oeffentlichen Hand stehen, so dass die ausgegebenen Reichskassenscheine stets durch den oeffentlichen Bedarf wieder aus dem Verkehr abgesaugt werden. Der gegenwaertige Jahresgeldbedarf der oeffentlichen Hand wird mindestens etwa 18-20 Milliarden RM betragen. Er uebersteigt also um ein Vielfaches den fuer die Ausgabe von Reichskassenscheinen in Aussicht genommenen Betrag.

      Das wirksamste Mittel zur Bestimmung der jeweiligen Hoechstgrenze fuer die Ausgabe von Staatspapiergeld bildet der freie Kurs. Sinkt der Kurs, so ist zu viel Geld ausgegeben, und die weitere Ausgabe muss unterbleiben.

Aus diesem Grunde bestimmt der Entwurf, dass fuer die Reichskassenscheine taeglich an allen amtlichen Boersen ein Kurs festzusetzen ist. Er verbietet alsdann fuer den Fall, dass etwa der Kurs auch nur fuer wenige Tage unter 95 vom Hundert des Nennwertes sinken sollte, die weitere Ausgabe der Reichskassenscheine. Auf diese Weise wird die wirksamste Kontrolle ueber den Wert der Reichskassenscheine ausgeuebt, die denkbar ist. Sinkt der Kurswert tatsaechlich einmal auf 95 vom Hundert oder darunter, so tritt, wenn die weitere Ausgabe unterbleibt, alsbald eine Verknappung ein, die den Kurs wieder auf pari bringen muss. Es wird jeder bestrebt sein, in diesem Falle Reichskassenscheine zu erwerben, da er sie zum Nennwerte - also gegebenenfalls mit einem Kursgewinn - bei der Zahlung seiner Steuern verwenden kann. Aehnliche Bestimmungen hat es bereits frueher, insbesondere in Preussen und Sachsen gegeben. Und es war damals sogar vorgeschrieben, dass ein Teil der Steuern stets in Staatspapiergeld bei Vermeidung eines Strafzuschlages gezahlt werden musste. In dem vorliegenden Entwurf ist eine derartige Verpflichtung nicht aufgenommen worden, da angenommen werden kann, dass der Kurs der Reichskassenscheine den Nennwert nicht unterschreiten wird. Dem Reichsfinanzminister ist jedoch in § 9 des Entwurfes II diese Anordnung vorbehalten.

      Fuer die Einhaltung der wesentlichen Vorschriften ist eine genaue Kontrolle durch den Rechnungshof des Deutschen Reiches vorgesehen. Es sind taegliche Ausweise Im Deutschen Reichsanzeiger und Preussischen Staatsanzeiger zu veroeffentlichen, die von dem Rechnungshof zu bestaetigen sind.

      Welche Vorteile bietet die Ausgabe von Reichskassenscheinen gegenueber dem bisherigen Zustand?

      Anstelle eines unuebersichtlichen und verworrenen Zustandes tritt eine klare Scheidung zwischen dem guten Handelswechsel-Geld der Wirtschaft und dem Papiergeld des Staates. Die bestehenden Unklarheiten werden beseitigt Die Reichsbank hat wieder getreu den Vorschriften des Bankgesetzes solche Wechsel zu diskontieren, welche aus der privaten Wirtschaft herruehren und eine puenktliche Einloesung am Faelligkeilstage gewaehrleisten. Der Staat seinerseits ist aus der unwuerdigen Lage befreit, seine kurzfristigen Finanzierungsbeduerfnisse auf Um- und Schleichwegen bei der Reichsbank befriedigen zu muessen. Die Sorge fuer seine kurzfristige Finanzierung ist dem Staate daher selbst uebertragen, und er hat hierfuer die volle Verantwortung zu uebernehmen.

      Dieser Weg ist zugleich fuer den Staat mit wesentlichen Zinsersparnissen verbunden; denn der Umweg der Diskontierung von Finanz-Wechseln bei der Reichsbank verursacht Kosten, welche selbst unter Beruecksichtigung der Beteiligung des Reiches am Gewinn der Reichsbank auf jaehrlich mindestens 50-100 Millionen RM zu schaetzen sind. Dieser Betrag wird in Zukunft gespart. Weiterhin wird die Reichsbank von der ihr aufgezwungenen Aufgabe, die kurzfristige Finanzierung der oeffentlichen Hand durchzufuehren, befreit. Sie wird auf diese Weise entlastet und kann sich wieder der ihr nach dem Gesetz obliegenden Aufgabe, die private Wirtschaft zu finanzieren, zuwenden. Es kann erhofft werden, dass die Liquiditaet der Reichsbank auf diese Weise zunimmt. In dem Masse schliesslich, in welchem die Reichsbank von der Last der oeffentlichen Finanzierung befreit wird, erleichtert sich die Lage der privaten Wirtschaft, und wenigstens diese Ursache fuer die Wirtschaftsschrumpfung wird beseitigt.

      Es wird noch hinzugefuegt, dass das bestehende Bankgesetz die Ausgabe von Reichskassenscheinen nicht verbietet. In dem Bericht der Londoner Sachverstaendigen (Dawes-Gutachten) war zwar eine derartige Vorschrift vorgesehen, in das Gesetz ist sie jedoch nicht aufgenommen. Im Uebrigen hat man damals ganz offenbar lediglich an Staatspapiergeld mit Zwangskurs gedacht, dessen Ausgabe in der Tat die groessten Inflationsgefahren in sich geborgen haette. Dass ein Staatspapiergeld ohne Zwangskurs eine Inflation nicht herbeifuehren kann, ist bereits dargelegt.

 

4. Der Entwurf eines Gesetzes ueber Erleichterung der Steuerzahlung durch Schuldtitel und Schuldbuchforderungen.

 

      Der dritte der vorgelegten Entwuerfe bezieht sich auf den langfristigen Kredit der oeffentlichen Hand. Er beabsichtigt, den Kurs der oeffentlichen Anleihen zu heben und damit die Moeglichkeilen fuer die Ausgabe neuer Anleihen zu schaffen. Zu diesem Zwecke will der Entwurf eine Verrechnung von Steuerschulden mit Anleiheforderungen gegen die oeffentliche Hand zulassen. Auch dieser Entwurf beruht also auf dem selbstverstaendlichen Grundsatz, dass jeder Schuldner seine eigene Schuld als Zahlungsmittel gegen sich gelten lassen muss. In dem Entwurfe ist auf das Sorgfaeltigste Bedacht darauf genommen, dass die Kassenlage der oeffentlichen Hand durch eine derartige Verrechnung nicht etwa verschlechtert wird. Demgemaess ist von dem Grundsatz ausgegangen, dass faellige Steuerschulden mit faelligen Anleiheforderungen verrechnet werden koennen. Jeder Steuerschuldner, der einen faelligen Anspruch aus einer Anleihe gegen seinen Steuerglaeubiger hat, ist also in der Lage, seine Schuld gegen die der oeffentlichen Hand zu verrechnen. Soweit beide Ansprueche faellig sind, wird hierdurch lediglich ein unnuetzes Hin- und Herschieben von Zahlungsmitteln vermieden. Dies gilt auch dann, wenn man die Verrechung schon 30 Tage vor Faelligkeit zulaesst; denn der Staat muss seinerseits fuer die Bereitstellung des Geldes bereits etwa einen Monat vor Faelligkeit seiner Anleihestuecke oder Zinsscheine Vorsorge treffen. In England koennen die exchequers bills sogar schon 6 Monate vor Faelligkeit dem Staate in Zahlung gegeben werden. Selbstverstaendlich erfolgt die Verrechnung ohne Ruecksicht auf den jeweiligen Kursstand der Staatspapiere zum Nennwert. Es wird also jeder Steuerschuldner versuchen, ein faelliges oder wenigstens alsbald faelliges Papier des Staates zu erwerben, solange der Kursstand ihm eine Gewinnmoeglichkeit laesst. Hierdurch wird eine Nachfrage erzeugt, welche geeignet ist, den Kursstand zu heben.

      Es ist offenbar, dass die Verrechnung mit den faelligen Verbindlichkeiten des Staates im Augenblick nicht hinreichen koennte, um eine zur Kurssteigerung genuegende Nachfrage zu erzeugen. Der Entwurf geht daher weiter. Er laesst bei der Erbschaftssteuer die Verrechnung auch mit nicht faelligen Anleiheschulden des Reiches zu. Da der Zeitpunkt des Todes ungewiss ist, entspricht es der Billigkeit, hier die Verrechnung nicht auf die Faelligkeit zu begrenzen. Der auf diese Weise entstehende Ausfall an baren Einnahmen bei den Kassen des Reichs ist verhaeltnismaessig gering. So hat die Erbschaftssteuer im letzten Jahre insgesamt nur etwa 80 Millionen RM erbracht. Erwaegt man zudem, dass dem Steuerpflichtigen bei der Erbschaftssteuer ein gesetzlicher Anspruch auf ausserordentlich lange Stundung zusteht, so kann die Verrechnung mit nicht faelligen Forderungen hier wohl verantwortet werden. Die auf diese Weise entstehende Nachfrage nach Staatspapieren wird aller Voraussicht nach den Wert eines Jahresaufkommens um ein Mehrfaches uebersteigen. Wird hierdurch nur eine Nachfrage von etwa 300 Millionen RM erzeugt, so wuerde dies einen taeglichen Umsatz von etwa 1 Million RM in Staatspapieren bedeuten.

      Darueber hinaus hat der Entwurf vorgesehen, dass auch rueckstaendige Steuern durch Verrechnung mit nicht faelligen Staatsschulden getilgt werden koennen. Da ein grosser Teil der rueckstaendigen Steuerforderungen ohnedies abgeschrieben werden muss, kann auf diese Weise vielleicht noch ein teilweiser Eingang erreicht werden.

      Schliesslich sieht der Entwurf eine Verrechnung von noch nicht faelligen Anleiheforderungen mit spaeter faellig werdenden Abgabeschulden vor. Er gibt die Moeglichkeit, an eine oeffentliche Kasse kuenftig faellig werdende Schuldtitel einzuliefern oder Schuldbuchforderungen abzutreten, die alsdann bei Faelligkeit mit spaeter entstehenden Steuerforderungen verrechnet werden sollen. Zu diesem Zweck hat der Entwurf die Moeglichkeit von Steuerguthaben geschaffen.

      Allen diesen Vorschlaegen ist gemeinsam, dass die Verrechnung stets zum Nennwert oder, falls der Rueckzahlungsbetrag hoeher ist, zu diesem erfolgt, und zwar ohne Ruecksicht auf den jeweiligen Kursstand der verrechneten Anleiheschuld. Je tiefer also der Kurs ist, desto groesser ist das Interesse des Steuerzahlers, Anleihen zum Zwecke der Verrechnung zu erwerben. Auf diese Weise soll eine staendige Nachfrage nach Anleihestuecken erzeugt werden, die gerade dann am groessten ist, wenn der Kurs am tiefsten steht. Es liegt also voellig anders, als wenn etwa die oeffentliche Hand selbst Geld zu Stuetzungskaeufen verwenden wuerde. In diesem Fall wuerde es sich um eine Massnahme von aussen handeln, deren Dauer und Erfolg niemals vorauszusagen sind und die daher bleibende Wirkung nur in den seltensten Fallen haben kann. Die durch den Entwurf erzeugte Nachfrage geht jedoch aus der Wirtschaft selbst hervor. Die Nachfrage ist gleichmaessig und dauernd, und der Staat braucht fuer sie keinerlei Mittel aufzuwenden.

      Der Goldwert aller Einzahlungen auf Steuer-Konto soll dem Abgabenpflichtigen gewaehrleistet werden. Auch soll der Pflichtige vor etwaigen spaeteren Zinsherabsetzungen, Zusammenlegungen oder Konvertierungen der zur Verrechnung gestellten Anleiheforderungen geschuetzt sein.

      Selbstverstaendlich ist, dass jede Abgabe nur mit Forderungen gegen den betreffenden Abgaben-Glaeubiger verrechnet werden kann. Jede Gemeinde und jedes Land ist daher nur verpflichtet, seine eigenen Anleiheschulden zur Verrechnung entgegenzunehmen.

 

      Zusammenfassend wird bemerkt:

      Durch die vorbezeichneten Massnahmen wird dem Reiche die Moeglichkeit gegeben, die kurzfristige Finanzierung unabhaengig von der Reichsbank selbstaendig durchzufuehren. Gleichzeitig soll die Reichsbank entlastet und die schwebende Schuld des Reichs verringert werden. Die Erleichterung der Steuerzahlungen durch Verrechnung soll die Nachfrage nach Schuldverschreibungen der oeffentlichen Hand erhoehen und hierdurch deren Kurswert steigern. Gelingt dies, so ist der Weg fuer die Ausgabe neuer Anleihen und damit fuer eine Konsolidierung der schwebenden Schuld frei. Zudem wird durch die Steigerung des Kurses der Effektivzins ermaessigt, und es kann erhofft werden, auf diese Weise zu einem tragbaren Zins fuer den langfristigen Kredit ueberhaupt zu gelangen.

 

 

 

 


Vierter Hauptteil.

 

Finanzierung der privaten Wirtschaft.

 

1. Reichsbank.

 

 

In erster Linie muss das Bankgesetz wieder hergestellt werden. Darueber ist bereits vorstehend das Erforderliche gesagt. Die Reichsbank ist von der Last der oeffentlichen Finanzierung zu befreien, und Ihrer eigentlichen Aufgabe der Finanzierung der privaten Wirtschaft wiederzugeben. Die Reichsbank darf in Zukunft tatsaechlich keinerlei Forderungen mehr erwerben oder diskontieren, deren Verfallzelt langer als 3 Monate ist. Prolongationen muessen ausgeschlossen werden. Mit anderen Worten also, das Prinzip der Rueckstroemung der Noten ist wieder herzustellen.

      Zu diesem Zwecke erscheint kein anderer Ausweg, als grundsaetzlich zwischen dem bisherigen Zustand und der Zukunft einen Trennungsstrich zu ziehen. Es muss, aehnlich wie nach der Inflation, zwischen dem Altgeschaeft und dem Neugeschaeft unterschieden werden. Das erstere ist krank und langsam abzuwickeln. Das letztere soll sich entsprechend den Vorschriften des Bankgesetzes, unbelastet durch die frueheren Vorgaenge, frei entfalten.

      Selbstverstaendlich ist hierbei nicht an eine rechtliche Scheidung der Vermoegensmassen gedacht. Es handelt sich vielmehr um Massnahmen innerhalb des einheitlichen Unternehmens der Reichsbank.

      Fuer die Abwicklung des Altgeschaeftes sollen folgende Vorschriften gelten:

      Um einen Kursverlust der gegenwaertig umlaufenden Banknoten zu vermeiden, erhalten diese fuer eine bestimmte Zeit, aehnlich wie die Reichskassenscheine, eine Steuerfundation, d. h. die oeffentlichen Kassen sind gehalten, die Reichsbanknoten bis zu diesem Zeitpunkte bei der Entrichtung von Abgaben zum vollen Nennwerte anzunehmen. Auch koennen die Reichsbanknoten bis zu dem gleichen Zeitpunkte zum Nennwerte auf Steuerguthaben eingezahlt werden. Nach Ablauf der vorgesehenen Frist besteht eine Annahmeverpflichtung fuer die oeffentlichen Kassen nur noch in Hoehe des Kurswertes. Bei dieser Sachlage scheint es geboten, die Frist nicht zu lange auszudehnen, da beabsichtigt ist, auf diese Welse auch die zurueckgehaltenen Hamsternoten aus dem Verkehr zu bringen.

      Fuer das Neugeschaeft gelten die bisherigen Vorschriften des Bankgesetzes. In dieser Hinsicht wird nichts geaendert. Die Reichsbank soll daher auch in Zukunft lediglich Wechsel der privaten Wirtschaft diskontieren und zwar gute Handelswechsel. Die Verfallzeit darf nach wie vor hoechstens drei Monate betragen. Die auf Grund der Wechsel ausgegebenen Banknoten muessen also spaetestens innerhalb dieses Zeitraumes an die Bank zurueckstroemen.

      Neu ist eine Bestimmung, nach welcher die Ausgabe von Banknoten unterbleiben muss, wenn nicht in dem vorangegangenen Monat ein Viertel der nach Inkrafttreten des Gesetzes gewaehrten Kredite getilgt ist. Hierdurch soll der Rueckstrom ueber die frueheren Bestimmungen hinaus gesichert werden.

      Des weiteren findet das gegenwaertige Bankgesetz eine Ergaenzung durch Erweiterung der Vorschriften ueber die Publizitaet der Reichsbank und die Kontrolle ueber Ihre Geschaeftsfuehrung durch den Rechnungshof des Deutschen Reiches. Auch hierfuer bietet das Bankgesetz vom Jahre 1875 ein Vorbild.

      Die nach Inkrafttreten des Gesetzes ausgegebenen Banknoten sollen von den bisher umlaufenden unterschieden sein, damit die Abwicklung des Altgeschaeftes in der Oeffentllchkeit in Erscheinung tritt.

      Auf diese Weise kann erhofft werden, die Reichsbank durch Rueckkehr zu dem Bankgesetz wieder voll handlungsfaehig zu machen.

 

2. Verrechnungsbanken:

 

      Mit dem vorstehenden Vorschlage allein kann die Arbeitslosigkeit noch nicht wirksam bekaempft werden. Zur Wiederherstellung der gestoerten privaten Wirtschaft muessen vielmehr neben die Zentral-Notenbanken Institute treten, die den freien Gueteraustausch der Volkswirtschaft ermoeglichen. Die Zentralisierung des gesamten wirtschaftlichen Lebens in einer Zentral-Notenbank ist, wie sich herausgestellt hat, in vollem Umfange nicht durchfuehrbar und von einer gewissen Grenze an mit bedeutenden Gefahren verbunden. Die Krisis des Jahres 1931 hat sogleich zu Beginn das gesamte System der Giralzahlungen zusammenbrechen lassen und die Kreditinstitute ausser Gefecht gesetzt. Zudem unterliegt die Zentralnotenbank eines jeden Landes starken Einfluessen seitens des Auslandes, jedermann weiss, dass die Abziehung von Gold bei einer Notenbank einen politischen Druck auf die Volkswirtschaft selbst der maechtigsten Staaten ausueben kann. Dies gilt in verstaerktem Masse fuer Deutschland, wo der Goldvorrat der Reichsbank auf das Aeusserste zusammengeschmolzen ist.

      Es kann kein Zweifel darueber bestehen, dass jede Stoerung des Gueteraustauschs nach Moeglichkeit zu vermeiden ist. Dies hat nichts mit der Frage zu tun, ob die Wirtschaftspolitik auf Autarkie gerichtet ist oder nicht. Denn keinesfalls darf der Gueteraustausch innerhalb eines Landes dadurch unmoeglich gemacht werden, dass die Beziehungen zu dem Auslande Stoerungen erlitten haben.

      Daher soll der Wirtschaft gestattet werden, im Wege der Selbsthilfe ohne jede Subvention und ohne staatliche Beeinflussung Verrechnungsbanken zu schaffen. Ihre Aufgabe soll darin bestehen, die vorhandenen Rohstoffe und Waren mit den vorhandenen Arbeitskraeften und Beduerfnissen ohne die Aufwendung von Barkapital in Beziehung zu setzen und auf diese Welse zur Behebung der Arbeitslosigkeit wirksam beizutragen.

      Die Verrechnungsbanken entsprechen in ihrem Aufbau grundsaetzlich den Notenbanken. Auch die Verrechnungsbanken sollen gute Handelswechsel diskontieren und aehnlich wie die Notenbanken in typisierte Umlaufsmittel zerlegen. Die Verfallzeit der von ihnen erworbenen oder beliehenen Forderungen ist begrenzt. Auch die Verrechnungsbanken beruhen auf dem Grundsatz der Rueckstroemung.

      Im Gegensatz zu den Notenbanken besteht jedoch hier grundsaetzlich keinerlei Verpflichtung zur Barzahlung oder Einloesung. Der gesamte Geschaeftsverkehr soll vielmehr im Wege der Verrechnung erfolgen. Dabei gilt der selbstverstaendliche Grundsatz, dass jeder Schuldner seine eigene Schuld, soweit sie faellig ist, als Zahlungsmittel gegen sich gelten lassen muss.

      Die Zerlegung der von den Verrechnungsbanken erworbenen oder beliehenen Forderungen erfolgt durch Ausgabe von Verrechnungsschecken, welche von den Kunden auf die Verrechnungsbank zu ziehen sind. Diese Schecke sollen nur in typisierten kleinen Betraegen ausgegeben werden, da sie im Wesentlichen zur Bezahlung von Loehnen dienen sollen. Die Vorschriften des Scheckgesetzes sind insoweit ergaenzt, als diese typisierten Verrechnungsschecke von den Verrechnungsbanken angenommen werden koennen. Die Verrechnungsbanken duerfen sogar nur solche Formulare fuer typisierte Verrechnungsschecke ausgeben, die bereits mit ihrem Annahmevermerk versehen sind. Durch die Annahme wird ein unmittelbarer Anspruch des Scheckinhabers gegen die Verrechnungsbank begruendet.

      Des Weiteren ist eine Verlaengerung der Verjaehrungsfrist fuer derartige Verrechnungsschecke auf drei Jahre vorgesehen und die Verrechnungsbanken sind angewiesen, jeweils rechtzeitig auf den Ablauf der Verjaehrungsfrist oeffentlich hinzuweisen.

      Im Gegensatz zu den bereits bisher bekannten Verrechnungsschecken wird hier der Verrechnungsgedanke tatsaechlich bis zu Ende durchgefuehrt. Der Inhaber kann also auch dann nicht Barauszahlung von der Verrechnungsbank verlangen, nachdem ihm der eingereichte Verrechnungsscheck gutgeschrieben worden ist. Der Scheck begruendet vielmehr lediglich einen Anspruch auf Gutschrift.

      Wie wickelt sich nun Im Einzelnen der Verkehr mit der Verrechnungsbank ab?

      Der Kunde uebergibt der Bank einen Handelswechsel ueber von ihm verkaufte Ware zum Diskont oder zur Beleihung! Er erhaelt hierfuer von der Bank Formulare fuer typisierte Verrechnungsschecke. Diese Formulare sind gedruckt. Sie lauten auf bestimmte Betraege und sind bereits mit dem Annahmevermerk der Bank versehen. Der Kunde versieht nunmehr die Vordrucke mit seiner Unterschrift, verwendet sie zu Lohnzahlungen und setzt sie auf diese Weise in Verkehr.

      Wird nun der von der Verrechnungsbank diskontierte Wechsel faellig, so kann der Wechselschuldner seine Verbindlichkeit der Bank gegenueber durch Einreichung von Verrechnungsschecken dieser Bank tilgen; denn die Bank muss die von ihr angenommenen Verrechnungsschecke jederzeit zum Nennwert gegen sich gelten lassen. Erfuellt der Wechselschuldner seine Verpflichtung auf diese Weise, d. h. durch Einlieferung von Verrechnungsschecken, so stroemen diese, aehnlich wie bei der Reichsbank die Banknoten, am Faelligkeitstage des Wechsels an die Bank zurueck. Zahlt der Wechselschuldner jedoch nicht in Verrechnungsschecken, sondern in Reichsbanknoten oder Reichskassenscheinen, was ihm natuerlich jederzeit freisteht, so erhaelt die Verrechnungsbank hierdurch die noetigen Barmittel, um die von ihr auf Grund der eingeloesten Forderung ausgegebenen Verrechnungsschecke aufzukaufen und auf diese Weise in bar einzuloesen. Da nun die Verrechungsbanken andere Zweige des Bankgeschaeftes nicht betreiben sollen, ist in dem Entwurf IV § 8 vorgesehen, dass sie die eingehenden Barbetraege zum Ankauf ihrer Verrechnungsschecke verwenden oder wenigstens bereithalten muessen. In jedem Falle ist also der Kreislauf aehnlich wie bei der Reichsbank geschlossen.

      Wie verwendet nun der Lohnempfaenger die Verrechnungsschecke? Er wird sie in denjenigen Laeden in Zahlung geben, die ihrerseits mit der Verrechnungsbank in Geschaeftsverkehr stehen und daher zur Abdeckung Ihrer Verbindlichkeiten gegenueber der Bank Verrechnungsschecke brauchen. Auf diese Weise werden Austauschgemeinschaften entstehen, welche sich Ihre Forderungen und Schulden durch die Verrechnungsbank gegenseitig verrechnen.

      Selbstverstaendlich ist, daB hierdurch die Reichsbanknoten in keiner Weise ersetzt werden sollen. Selbstverstaendlich ist weiter, dass die Verrechnungsschecke keinerlei Zwangskurs oder Annahmezwang haben. Lediglich die Verrechnungsbanken selbst sind gezwungen, die von ihnen akzeptierten Verrechnungsschecke jederzeit ohne Ruecksicht auf den Kurswert zum vollen Nennwert zur Verrechnung entgegenzunehmen. Darueber hinaus bleibt es den Banken unbenommen, vermoege ihrer Geschaeftsbedingungen mit Ihren Kunden Vereinbarungen dahin zu treffen, dass auch die Kunden in Hoehe ihrer jeweiligen Schuld bei der Verrechnungsbank die von ihr akzeptierten Schecke in Zahlung nehmen muessen.

      Das auf diese Welse geschaffene Austauschsystem ist Im Gegensatz zu dem bisherigen runsicher; denn der Verrechnungsscheck begruendet keinen Anspruch auf Barzahlung, sondern lediglich auf Verrechnung. Es kann daher selbst bei einer ploetzlich eintretenden Krisis ein Sturm auf die Verrechnungsbanken nicht erfolgen. Das System der Giralzahlungen wird also in Zukunft insoweit unerschuettert bleiben.

 

Im einzelnen wird bemerkt:

 

Die von der Reichsbank diskontierten Wechsel sollen nach dem Bankgesetz eine Verfallzeit von hoechstens drei Monaten haben. Fuer die Verrechnungsbanken scheint eine Verfallzeit von vier Monaten tragbar. Damit wird zugleich den Beduerfnissen der Landwirtschaft gedient, welche im Allgemeinen auf laengeren Kredit angewiesen ist.

      Aehnlich wie bei den Reichskassenscheinen ist in dem Entwurf weiterhin die Rueckstroemung dadurch gesichert, dass die Neuausgabe von dem monatlichen Rueckfluss eines Fuenftels der gewaehrten Kredite abhaengig gemacht ist.

      Bemerkenswert ist weiterhin, dass Verrechnungsbanken neben Warenwechseln auch andere Forderungen aus Warenverkaeufen oder Dienstleistungen erwerben oder beleihen koennen.

      Entscheidend ist jedoch, dass alle erworbenen oder beliehenen Wechsel oder Forderungen aus tatsaechlich abgeschlossenen Warenverkaeufen oder Dienstvertraegen herruehren muessen. Es handelt sich also - aehnlich wie bei dem Diskontgeschaeft der Reichsbank - stets um so genanntes Diskontgeld und niemals um so genanntes Lombardgeld. Sache der Verrechnungsbank wird es sein, den einzelnen Wechsel daraufhin zu pruefen, ob es sich tatsaechlich um ein Warengeschaeft handelt. Die Aufgabe ist hier die gleiche wie das Bankgesetz sie fuer die Reichsbank vorschreibt. Die Verrechnungsbanken werden jedoch vermoege ihres geringeren Geschaeftsumfanges und der staerkeren persoenlichen Beziehungen leichter in der Lage sein, diese Aufgabe zu erfuellen, als die Reichsbank.

      Schliesslich ist bestimmt, dass die Verrechnungsbanken einer vom Reichswirtschaftsminister bestimmten Pruefungsstelle angeschlossen sein muessen und ueber ihre gesamte Geschaeftsentwicklung monatlich zu berichten haben.

      Werden die vorstehend aufgestellten Grundsaetze bei der Kreditgewaehrung beachtet, so ist auch eine inflationistische Wirkung voellig ausgeschlossen, da den umlaufenden Schecken stets kurzfristige Forderungen gegenueberstehen, die auf den Warenumsatz oder auf ihm gleichzusetzende Dienstleistungen gegruendet sind. Es mag genuegen, hier auf Lexis Handwoerterbuch der Staatswissenschaften, 3. Auflage, Artikel "Scheck" zu verweisen.

 

"Was die Wirkung des Schecks auf die Preisbildung betrifft, so verhaelt er sich vollkommen neutral, soweit er lediglich aus dem realen Warenverkehr hervorgeht. Er wirkt ja in letzter Linie auf Austausch von Waren, und dabei haben alle Beteiligten ein Interesse daran, dass die Masseinheit des Tauschwertes, der Wert der Geldeinheit unveraendert bleibe. Wenn aber Schecke auf Grund von Finanzwechseln oder von nicht durch Waren, sondern durch Wertpapiere gedeckten Lombarddarlehen gezogen werden, so stellen sie eine willkuerlich in den Gueteraustausch eingeschaltete kuenstliche Kaufkraft dar, die steigernd auf die Warenpreise wirkt, wenn sie ueber das gewoehnlich und durchschnittlich vorhandene Mass hinausgeht, wie es uebrigens auch bei einer unter aehnlichen Bedingungen erfolgenden Mehrausgabe von Banknoten der Fall ist."

 

      Sonach kann erhofft werden, dass durch die Verrechnungsbanken ein wirksames Mittel zur Bekaempfung der Arbeitslosigkeit geschaffen wird. Zudem wird ganz allgemein der Gueteraustausch erleichtert. Neben die alles beherrschende Zentral-Notenbank in Berlin treten freie Zahlungs- und Austauschgemeinschaften im ganzen Lande, die Benachteiligung der Provinz und der Landwirtschaft findet ein Ende und der Gueteraustausch innerhalb Deutschlands wird unabhaengig von dem Golde fremder Laender.

 

Druck.- Berliner Verlagsdruckerei Friedrichstadt G.m.b.H. Berlin SW G8

 

 

 

 

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Published also in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Pages 390-420.